Station 6/25 Ehem. RÄUCHEREI NACHTIGAL

Hiermit fing alles an! Der Räuchereibetrieb an dieser Stelle wurde nach fast einhundertjähriger Geschichte, davon mehr als die Hälfte im Besitz der Familie Nachtigal, 1999 eingestellt. Um dem androhenden Abriss entgegenzuwirken, taten sich Bürgerinnen und Bürger der Stadt zusammen, um Gegenkonzepte zu entwickeln und auf die Bedeutung und Schönheit der historischen Altstadt hinzuweisen. Diesem aktuellen Anlass folgte die Gründung des Altstadtvereins Eckernförde im Jahr 2000. (Ein chronologischer und ausführlicher Rückblick ist auf der Internetseite des Altstadtvereins Eckernförde in der Veröffentlichung „Festschrift zum zehnjährigen Bestehen des Altstadtvereins“ einzusehen.)

Es ist daher selbstverständlich, dass dieses Objekt Ecke Jungfernstieg/Bredenbeksgang in die Liste der „Glanzstücke“ der Eckernförder Altstadt aufgenommen wurde.

Die Geschichte der Räucherei Nachtigal begann 1956/57 als Georg Nachtigal den Gebäudekomplex der ehemaligen Räucherei Elsner, übernahm. Der Betrieb lag seit Beginn der 1950er Jahre brach. Die Gebäude Jungfernstieg 117-119 standen leer, die 20 gemauerten Altonaer Räucheröfen mit zwei je 30 Meter hohen gemauerten Schornsteinen waren betriebsbereit. Mit Eigenkapital und entsprechender Kreditaufnahme konnte 1958 der Betrieb in den maroden Gebäuden als Firma „Georg Nachtigal OHG, Fischräucherei und Fischkonservenfabrik“ aufgenommen werden.

Die folgenden 40 Betriebsjahre brachten immer wieder Veränderungen im Bereich der Entwicklung der Produktpalette, des Kundenstamms, der Fabrikationstechniken, der Verpackungsmodalitäten, der Hygiene-Anforderungen, der erforderlichen Investitionen für Maschinen und Anlagen und auch der Betriebsleitung bzw. der Gesellschaftsform mit sich. Diese mussten wohl oder übel gestemmt werden.

Das Unternehmen blieb trotz allem stets produktiv und hatte sich Mitte der 1990er Jahre gut entwickelt, so wurde noch in einen neuen Räucherautomaten investiert. Doch aufgrund neuer EU-Hygienebestimmungen wurde der Räucherei 1999 die Zulassung als fischverarbeitender Betrieb entzogen. In den engen und verschachtelten Räumlichkeiten im Jungfernstieg war eine Umsetzung der geforderten Auflagen nicht möglich. Die Familie Nachtigal entschied sich gegen eine mögliche Verlagerung des kompletten Betriebes in ein Gewerbegebiet.

2005 wurden die alten Gebäude der ehemaligen Räucherei Nachtigal vermarktet. Der viergeschossige Speicher am Jungfernstieg wurde erhalten, saniert und zu Wohnungen ausgebaut. Den Erzählungen, dass dieser Speicher als „roter Speicher“ bezeichnet wurde und dass die beiden oberen Geschosse nicht zum ursprünglichen Bau zählten, muss an anderer Stelle nachgegangen werden.

Auch das zweigeschossige, traufständige Nachbargebäude Richtung Norden konnte durch zähe Bemühungen erhalten werden. Im rückwärtigen Bereich dieses Hauses, in dem sich im Erdgeschoss ein Grafik Atelier befindet, kann man heute vom Hof des großen Speichers aus zwei Klappen der ehemaligen Räucheröfen entdecken. Diese konnten als Zeugen der Vergangenheit an Ort und Stelle erhalten werden.

Die Räucherei selbst mit den Altonaer Öfen wurde abgerissen. Eine angedachte gastronomische Nutzung ließ sich aufgrund von Erhaltungssatzung und Bebauungsplan der Stadt Eckernförde nicht umsetzen. Auch das Wohngebäude des Räuchereikomplexes und ein großer Teil des ehemaligen Kontorhauses entlang des Bredenbeksgangs konnten nicht erhalten werden. Dieser Bereich wurde mit einem zweigeschossigen Wohngebäude plus ausgebautes Dachgeschoss neu bebaut und bietet heute 12 barrierefreien Eigentumswohnungen den gewünschten Raum.

Bärbel Schiewer