Jugenderinnerungen des Frenz Tietje

Am 28. November 1940 wurde ich in Kiel geboren. Aufgewachsen bin ich in Eckernförde in der Ottestraße 12 /14. Meine Eltern hatten dort eine Bäckerei.

Abb. 1: Bäckerei in der Ottestraße

Erinnerungen an diese Zeit:

Da wir keinen Luftschutzkeller hatten, musste ich als kleines Kind mit meiner Mutter oft zu Petersen & Iwersen über den Kirchplatz in den dortigen Luftschutzkeller eilen. Luftschutzwart war damals „Kohl“ Hansen(nicht zu verwechseln mit „Fett“ Hansen). Einmal kam er zu spät und wir mussten alle vor dem Eingang warten. Das war unheimlich, denn ich hörte, wie Granatsplitter auf das Kirchendach prasselten.

Damals lebten sehr viele Kinder in der Nachbarschaft (Vertriebene, Flüchtlinge, Einheimische). Wir spielten meist in den Hinterhöfen und auf den Straßen. „Hinkepott“ und das Versteckspielen mit seltsamen Abzählreimen war häufig dran.

Ein schönes Spielzeug war für mich eine alte Fahrradfelge. Sie wurde mittels Drahtbügel geschoben oder mit einem Stock angetrieben und so rollte ich sie durch die Straßen. In der Nachbarschat wohnten u. a. zwei Jungs („Bobbel“ undHöcki“ Seifert) deren Vater fuhr zur See und war damals Koch bei den Engländern im BALTIC CLUB (Kaiserhof). Und so gab es zu einem Geburtstag roten und grünen Wackelpudding. Den kannte ich bisher noch nicht und er war etwas ganz Besonderes für mich.

Durch die guten Beziehungen zu diesen Jungs bekam ich auch meine erste Taucherbrille und einen Schnorchel. Gemeinsam mit Höcki habe ich am Kurstrand getaucht. Dabei fanden wir alte Abflussrohre vom Schlachthof. Der war seinerzeit dort, wo jetzt das Wellenbad ist.

Abb. 2: Kurpark mit Konzertmuschel vor dem damaligen Abb. 3: Frenz und Peter auf den Abflussrohren sitzend
Schlachthof (heute Meerwasser-Wellenbad)

Die Abwässer wurden durch diese Rohre einfach in die Ostsee geleitet. Wir haben die Rohre an den Strand gebracht, wo sie von der Kurverwaltung entsorgt wurden. (In einem Zeitungsartikelwurden wurden wir als Zwei kleine Ritter des Schnorchels“ erwähnt):

Abb. 4: Kieler Nachrichten 1953

Im Winter wollten wir natürlich rodeln, aber in der Innenstadt bot sich dazu keine Gelegenheit. Wir marschierten also über den Kakabellenweg durch eine Kleingartenanlage zur Brosbyer Koppel. Dort befand sich auf der linken Seite des Weges, der nach Windeby führte, ein Barackenlager. Rechts war ein idealer Abhang in Richtung Noor. Dort trafen sich viele Eckernförder Kinder zum Rodeln.

Als Jugendlicher in der Plattdüütsch-Gill habe ich viele Kinderfeste mit Umzügen durch die Straßen Eckernfördes mitgemacht. Wir erhielten dazu von den Betreuerinnen (Frau Burscheid, Fräulein Flor und Fräulein Kakies), die übrigens wunderschöne Trachten trugen, rote Westen, die wir Jungs vorher anziehen mussten.

Abb. 5: Kinnergill 1955

Im Jahre 1955 wurde ich König und meine Königin war Traute Palm. Auf der Rathaustreppe musste ich „vor meinen Untertanen“ eine Rede halten und danach wurde gemeinsam das „Schleswig-Holstein-Lied“ gesungen.

Auch erinnere ich mich an die Fastelabend-Feiern der Plattdüütsch Gill im Seegarten. Dort haben wir Jugendlichen in Trachten Volkstänze vorgeführt oder sind verkleidet Rummelpott gelaufen.

Abb. 6 Theatergruppe Plattdüütsch Gill

Auch in der damaligen Theater Gruppe habe ich mitgespielt. („Klaas Klütenkamp sein Hemd“)

Schon bald musste ich in der Bäckerei mithelfen. Damals wurden früh morgens noch Brötchen ausgetragen und meine Aufgabe war es, die Tüten zu verteilen. Später habe ich dann per Rad oder mit einem Blockwagen Brote und andere Backwaren ausgefahren. So belieferten wir u. a. den Kaufmann Brügmann in der Kieler Straße (später: Farben Flügger), Frau Hingst in der „Alten Kaserne“ oder Fräulein Wölk im Jungfernstieg. Der weiteste Weg war damals zu Kuhnts, die ihren Laden in der damaligen Kieler-Landstraße hatten (später: Gärtnerei Thede).

Abb. 7: Feuerwehrgerätehaus in der Gudewerdtstraße

Ich erinnere mich auch an die Freiwillige Feuerwehr Eckernförde (FFW). Deren Garagen befanden sich seinerzeit noch in der Gudewerdt-Straße. Bei Einsätzen musste die FFW, da die anderen Straßen zu eng für die Fahrzeuge waren, immer durch die Ottestraße fahren.

Gegenüber von unserer Bäckerei war die Gärtnerei Marten (später im Windebyer Weg). Dora Marten`s Sohn Heinrich, genannt „Heini“, war bei der FFW und so hielten die Fahrzeuge meistens an, damit Heini seiner Mutter sagen konnte, wo der Einsatz stattfand. Bei dieser Gelegenheit erfuhren wir das auch und die Kameraden der FFW erhielten von uns aus der Bäckerei „Wegzehrung“.

Frenz Tietje

Juli 2024

Fotonachweis:

Abb. 1 aus„Erlebtes und Erzähltes aus dem alten Eckernförde“ von Ilse Rathjen-Couscherung,

Schriftenreihe der Heimatgemeinschaft Eckernförde e.V.

Abb. 2 und 7aus „Altes Eckernförde – Das Archiv 1 + 2“

von W. Eulert, Fotograf unbekannt

Abb. 3 bis 6 aus privater Fotosammlung Tietje