Eine Liebeserklärung

Ich mag nicht alle Veränderungen in meiner Stadt, und doch muss es sie geben, denn: Stillstand ist manchmal Rückschritt. Der Staatsmann Gustav Heinemann hat gesagt, „wer nichts verändern will, wird auch das verlieren, was er bewahren möchte“.

Das Kleinteilige und Kleinstädtische findet sich bei uns immer noch an vielen Ecken, gut für uns Eckernförder, aber auch gut für die Touristen, die genau das bei uns suchen. Durch die Nicolaistraße zu bummeln, gut eingefügte Neubauten wie das Grüne Haus oder das kleinste Hotel unserer Stadt zwischen den alten Fassaden zu entdecken, die wunderbaren kleinen Geschäfte mit Feinschmecker-Charakter zu genießen, mit offenen Augen und allen anderen Sinnen – das liebe ich.

Abb. 1: St.-Nicolai-Straße Abb. 2: Grünes Haus

Und der Genuss hört ja beileibe nicht auf, das Ende der Straße ist der Anfang des Ochsenkopfs, der nächsten gut bestückten kleinen Fußgängerstraße, eröffnet mit der Brunnenskulptur. Gern auch mit Freunden durchstreife ich diese Straße, die sich in den letzten Jahren in meinen Augen so positiv verändert hat. Dann fotografiere ich schon mal die liebevolle Dekoration oder ein besonders phantasievoll gestaltetes Fenster – und der Weg führt dann, der Nase nach, unweigerlich zur duftenden Kaffeerösterei.

Abb. 3: Ochsenkopf Abb. 4: Brunnen am Ochsenkopf

Weit und breit einmalig ist die kurze Entfernung von Einkaufsstraßen und Altstadt zur Promenade, natürlich am Hafen entlang.

Auf den letzten Metern vor der Holzbrücke muss man unbedingt die Frau-Clara-Straße in Augenschein nehmen. Rechts und links haben phantasievolle Bürger wunderbare Veränderungen geschaffen, alt und neu gut durchgemischt und damit Beispiele geschaffen für weitere so positive Veränderungen.

Abb. 5: Holzbrücke Abb.6: Frau-Clara-Straße

Und immer begegne ich dann Menschen, die ich lange kenne und deren Silhouette mir schon von Weitem vertraut ist. Einige haben die 80 überschritten und gehen doch zügigen Schrittes jeden Tag spazieren. Jedes Mal freue ich mich über kleine Gespräche. 

Sogar im Supermarkt nahe des Sauergangs bin ich keine anonyme Käuferin, an der Kasse werden immer ein paar freundliche Worte gewechselt – so viel Zeit nimmt man sich hier in unserer kleinen Stadt! Man kennt sich eben. Viele Innenstadtbewohner wie auch ich waren sehr traurig, als ein Einkaufsmarkt im Schulweg verschwand, denn trotz ihrer rasanten Arbeitsweise boten die Kassiererinnen mit Charme, Geduld und immer einer fröhlichen Bemerkung ihre Hilfe nicht nur beim Kleingeldzählen an der Kasse an.

Mir ist sehr bewusst, dass ich es hier gut getroffen habe, nicht nur beim Einkaufen, Spazierengehen, Leute treffen, Klönen – hier gibt es keine Erdbeben außer manchmal baulicher Natur, und ganz selten katastrophale Hochwasser wie 1872 oder dann doch im Oktober 2023. Klar, manchmal haben wir Sturm, manchmal Orkanböen, manchmal wird auch die Nixe am Kurstrand umspült, manchmal dann sieht das Auge weit und breit kaum Wasser, nur viel Tang „am Dang“. Die Kinder spielen auf dem plötzlich vorgelagerten Strand und den Sandbänken. Hier ist die Welt, so plakativ es klingt, wirklich – meistens – in Ordnung!

Wenn in der Urlaubszeit kein Durchkommen in den Fußgängerzonen ist, der Fischmarkt Zehntausende anlockt, dann umschiffe ich gelassen die Menschentrauben, gehe über die alte Verbindung Holzbrücke von Eckernförde auf die baumbestandene Borbyer Seite und kann wieder tief durchatmen, immer mit dem Blick zurück zur Altstadt.

Apropos „umschiffen“, wir waren kurzfristig auch mal das Ziel von Kreuzfahrtschiffen. Uns überfielen folglich nicht nur Piraten, sondern auch sehr viele Kreuzfahrer. Gut organisiert, auch mit Opsteekfru Stine, wurde diese Spezies vom Museumshafen zu Fuß durch unsere Innenstadt geleitet, denn – genau, an Parkplätzen mangelt es sommers wie winters. Bisher ist keinerlei Besserung in Sicht…  Aber es ist meine Stadt!

Ich bin hier geboren, habe fast mein ganzes Leben hier verbracht. Ich habe, wohlgemerkt aus meiner Sicht, meinen Horizont stetig erweitern können, denn die Lebensqualität empfinde ich hier mit all den Kultur- und Vereinsangeboten, mit den Diskussionen mit Freunden über Politik, Gott und die Welt, relativ hoch. Und letztlich kommt es ja darauf an, was man aus allem macht.

Mitten in Eckernförde alt werden – es müssen nicht 100 Jahre sein, aber gut gelebte, überwiegend krankheitsfreie 80-90 wären schon schön!

©Bärbel Hoffmann

Geschrieben Dez. 2016/angepasst Mai 2025

Fotonachweis:

Abbildung 2 von Bärbel Hoffmann

Abbildung 1, 3 bis 6 von Bärbel Schiewer