Gefühlt war es Ende der 1960er Jahre, als ich mit meinen Eltern erstmals Eckernförde besuchte. Angedacht waren Kaffee und Kuchen bei meiner Großtante Anni und Großonkel Georg in der Reeperbahn. Viel Lust hatte ich als zehnjähriges Mädchen dazu nicht, aber das stand nicht zur Debatte. Dass dieses Haus ca. 20 Jahre später mein Zuhause werden würde, konnte ich damals natürlich nicht erahnen.
Im Gegensatz zu heute befand sich vor dem Haus eine äußerst ruhige Straße, die zwei Häuser weiter rechtwinklig in den schmalen Zubringer zur Langebrückstraße mündete und mit Kopfsteinpflaster ausgebildet war. Wir konnten für den Besuch mit unserem damaligen VW-Käfer direkt vor dem Gebäude parken. Die folgenden Fotos decken sich in etwa mit der Situation aus meiner Erinnerung:
Abb. 1: Abgerissenes Gebäude vor Pumpstation | Abb. 2: Früher Fa. Tank, heute „Die Brücke“ kurz vor |
auf gegenüberliegender Straßenseite | Einmündung der Langebrückstraße |
Die Jahre vergingen und weitere Besuche folgten. Anfang/Mitte der 70er Jahre wurde im Rahmen der Stadterneuerung die Kieler Straße als Fußgängerzone ausgebaut und die Reeperbahn als Nord-Süd-Verbindung innerhalb der Stadt entwickelt. Dieser Ausbau brachte umfangreiche Erschließungsmaßnahmen mit sich. Als Ergebnis zeigten sich gegenläufige asphaltierte Fahrbahnen, ein Fahrradweg und jeweils ein gepflasterter Gehweg an beiden Gebäudeseiten. Die folgenden Fotos zeigen die Arbeiten vor den Gebäuden:
Abb. 3: Reeperbahn 9, 11 + 13 | Abb.4 : Reeperbahn 11 + 13 |
Der nun mögliche Durchfahrtsverkehr in beide Fahrtrichtungen hatte natürlich einen erheblichen Anstieg des Verkehrslärms zur Folge. Der VW-Käfer, der inzwischen mir gehörte, durfte nicht mehr direkt vor dem Haus parken. Fahrzeuge konnten nun nachmittags auf dem Schulhof der Mädchenschule in der Gartenstraße (heutiges Archiv der Stadt Eckernförde) abgestellt werden. Ich hatte 1978 mein Architekturstudium an der Fachhochschule für Bauwesen im Lorenz-von-Stein-Ring aufgenommen und besuchte meine Verwandten in der Reeperbahn, die inzwischen in die Jahre gekommen waren, häufiger und nicht mehr so ungern wie damals.
Abb. 5: Ehem. Mädchenschule von der Reeperbahn aus gesehen
Inzwischen verheiratet, waren mein Mann und ich 1987 dann in der glücklichen Lage, das Haus mit dem Baujahr 1879 zu übernehmen. Es folgten umfangreiche Sanierungsmaßnahmen sowohl durch Fachfirmen als auch durch die Mithilfe der Familie. Der Einzug erfolgte nach gut einem Jahr. Unsere beiden Töchter und die fünf nacheinander bei uns eingezogenen Katzen machten im Laufe von über 30 Jahren die Familie komplett.
Bis heute ist der Verkehrslärm auf der Reeperbahn durch das stetig anwachsende Verkehrsaufkommen ständig gestiegen. Und die auf dem Fußweg fahrenden Fahrrad- sowie E-Rollerfahrerinnen und -fahrer machen die Benutzung des Gehweges zu einem Gefahrenpunkt für alle Beteiligten. Insofern sind wir gespannt, wie sich die geplante Verkehrsführung und Straßenausbildung im Zuge der „Nooröffnung“ auf die Benutzung der Reeperbahn auswirken werden. Die im Sommer anstehende Teilsperrung der Reeperbahn aufgrund der ersten Maßnahmen zum Noordurchstich lässt uns vielleicht schon mal auf den Geschmack kommen.
Bärbel Schiewer
Juni 2024
Fotonachweis:
Abb. 1, 2 und 5 aus „Altes Eckernförde – Das Archiv 1 + 2“
von W. Eulert, Fotograf unbekannt.
Abb. 3 und 4 private Fotosammlung Schiewer